Gesetzeslage

 

Die Erfahrungen des Arbeitskreises Motorradlärm im BUND, aus dem die Vereinigten Arbeitskreise gegen Motorradlärm (VAGM) hervorgegangen sind, sind ernüchternd: Die Gesetzeslage scheint schlicht und einfach kein Problem “Motorradlärm” zu kennen. Aber der Reihe nach:

Rechtliche Situation an den Hotspots:

– Verkehrslärm: Verkehrslärm wird in Deutschland errechnet, nicht gemessen – und zwar aufgrund der Verkehrsbelastung durch Pkw und Lkw. Es sind meist Schulkinder, die am Straßenrand sitzen und mittels Strichlisten die Verkehrsbelastung im Berufsverkehr ermitteln. Diese Werte definieren dann über eine Multiplikation (Stückzahl x Verkehrsmittel), wie laut es an einer Straße für die Anwohner ist. Weil Motorradlärm durch Spazierenfahren (Feierabend- oder Wochenend-Verkehr) entsteht, taucht er in diesen Verkehrszählungen nicht auf. Auch bei extrem motorradverlärmten Strecken teilt die untere Verkehrsbehörde (das Landratsamt) mit: kein Handlungsbedarf, „dort ist es gar nicht zu laut“. Und selbst wenn: Anspruch auf Gegenmaßnahmen (bspw: Lärmschutz) besteht nur im Falle von Straßenneubauten, nicht im Bestand.

Die vielen PS und die Anonymisierung unter dem Helm sorgen für Allmachtsgefühle – und entfremden Motorradfahrer zuweilen von der Wirklichkeit. Solche Bilder sind im Pkw-Verkehr undenkbar – an Motorradstrecken alltäglich.

– Unfallschwerpunkte: Unfallschwerpunkte können am ehesten dazu führen, dass Strecken mit Geschwindigkeitsbeschränkungen und Überholverboten belegt werden. Beides hat eine beschränkte Wirkung auf Motorradlärm-Belastung, wenn die Polizei nicht kontrolliert. Damit sind leider häufige und schwere Unfälle (so zynisch sich das anhört) der sicherste Weg zu Geschwindigkeitsbeschränkungen und Überholverboten, weil die Behörden in der Regel erst aktiv werden, wenn genug Kreuze die Straße säumen. Aber „Unfallschwerpunkt“ und damit „Handlungsbedarf“ ist klar definiert: 300 Meter. Das führt dazu, dass beispielsweise die “Sulzbacher Steige”, eine berüchtigte 6,7 Kilometer lange Raserstrecke zwischen Sulzbach/Murr und Großerlach im Rems-Murr-Kreis kein „Unfallschwerpunkt“ ist, obwohl in den letzten Jahren dort etliche Motorradfahrer bei Rasanzunfällen ihr Leben verloren.

Vermeidbares Hin- und Herfahren: Innerorts ist unnötiges Hin- und Herfahren verboten, außerorts nicht. Motorradlärm findet nach dem Ortsschild statt und gerade an schönen Tagen und auf schönen Strecken wird gerne mal eine zweite oder dritte Runde gedreht. Zum Leidwesen der Anwohner und Erholungssuchenden. Was nicht ausschließt, das es auch Innerorts-Hotspots gibt. Beispielsweise vor Kneipen oder Kiosken. Auch hier kann das ständige Kommen und Gehen für die Anwohner zur Lärmbelastung werden.

Manipulation am Auspuff (Demontage des eingeschraubten DB-Eater):
(mit freundlicher Genehmigung der Herren von Rennleitung 110)

„2007 kam es aber zu einer „Harmonisierung im EU-Recht“ – so nennt man das, wenn man etwas ändert, was eigentlich immer funktioniert hat, bis es nicht mehr funktioniert – und dabei kam es von der Umstellung der StVZO auf teilweise FZV zu einem Versäumnis, wobei das Erlöschen der BE aus dem Bußgeldkatalog verschwand. Die Folge war eine Rechtslücke, die zum Ergebnis hatte, dass ein fehlender db-Eater lediglich eine „Unvorschriftsmäßige Ausrüstung“ war: 25 Euro Verwarngeld! Nun geht der Bußgeldkatalog immer von „Fahrlässigkeit“ aus. Oftmals lässt sich aber, gerade beim entfernten db-eater, -killer -sonst was, der Vorsatz leicht begründen, der zu einer Verdoppelung des Bußgeldes führt. Damit war man dann wieder im Anzeigenbereich, bei 50 Euro und 1 Punkt.

Findig waren die Behörden in Bayern – da wurde ein sog. „atypischer Fall“ angenommen und alleine darum schon verdoppelt und bei Vorsatz nochmals verdoppelt. Somit kam man dann gerne auf 100,- Euro und 3 Punkte. In Rheinland-Pfalz gab es „Gefährdungsaspekte“ in anderen Teilen der Republik argumentierte man mit „fehlender Zulassung“, da die BE Voraussetzung einer Zulassung ist etc. . . .

Letztlich untragbare Zustände. DB-eater verschwanden reihenweise aus den Endtöpfen, denn es war ja plötzlich vermeintlich günstig. Kam man aber an den falschen, ging es bis zur Untersagung der Weiterfahrt, Sicherstellung, Begutachtung – mit immensen Kosten. Alles aber nicht einheitlich. Es hat nur knapp 6 Jahre gedauert, bis der Gesetzgeber hier Abhilfe geschaffen hat. Zum 1.6.2013 trat das Erlöschen der Betriebserlaubnis (BE) wieder in den bundeseinheitlichen Bußgeldkatalog und zwar im Höchstfall mit bis zu 135 Euro und 4 Punkten für den Fahrzeughalter, 90 Euro und 3 Punkte beim Führen eines solchen Fahrzeuges. Alles, wie beschrieben, fahrlässig. Kommt der Vorsatz hinzu…

Erlöschen der BE ist in diesem Fall aber mit einer Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit oder der Umwelt verbunden. Verkehrssicherheit ist sicher eher ein Thema für Fahrwerk und Bremsen, Lenkung etc., aber das es beim Begriff „Umwelt“ ganz direkt um Lärm geht, sollte eigentlich klar sein.
Einige Rechtstheoretiker haben da bereits bedenken und darum gibt es auch ein einfaches Erlöschen BE, welches diese Qualifizierung nicht voraussetzt. Da ist man dann in jedem Fall bei 50 Euro und 1 Punkt – als Einstieg. Mit Vorsatz …

Erlöschen der BE ist gegeben, wenn der db-Eater entfernt ist. Dieses Bauteil ist Teil der BE, die das Zubehörteil im Idealfall hat. Ohne Eater, keine BE. Wie sich das Geräusch tatsächlich verändert ist zweitrangig. I.d.R wird es lauter. Wird es deutlich lauter, wird niemand ein Problem mit der Beeinträchtigung der Umwelt haben. Dann wird es teuer.  Besonders, wenn der Kontrollbeamte die Sache beweiskräftig dokumentieren möchte. Da kommt man dann nämlich um ein Gutachten, wenigstens zur Fahrgeräuschmessung, nicht herum. Denn die ist dann einzig entscheidend, nicht überall durchführbar und darum mit einer Sicherstellung und Kosten verbunden.
Ihr seht also – die Möglichkeiten sind nach wie vor mannigfaltig. Die 25 Euro Verwarnung dürften aber fast immer der Vergangenheit angehören. Je mehr das Thema „Motorradlärm“ in die öffentliche Diskussion gerät, wird auch die konsequente Ahndung und die Kontrollen verstärkt werden. Es lohnt also wirklich nicht. Lasst den Killer drin – ungekürzt oder sonst wie manipuliert. Lasst Eure Klappensteuerung, wie sie sein soll und haltet Euch mit hohen Drehzahlen zurück. Es ist letztlich im eigenen Interesse – und laut macht Euch nicht zu besseren Fahrern. Entgegen herrschender Meinung rettet es auch keine Leben.“